Wir Sind Ihr Seid Uns Werden Alle
Das Projekt wird von Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland im Rahmen des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ durchgeführt. Ausgangspunkt des Projektes war die fortschreitende Problematik, einerseits immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für persönliche und emotionale Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und Holocaust zur Verfügung zu haben. Andererseits ist der traditionelle Zugang über die Schuld des deutschen Tätervolks für viele Jugendliche heute nicht mehr unmittelbar nachvollziehbar – sowohl aufgrund des wachsenden zeitlichen Abstands, also auch durch die im Einwanderungsland Deutschland zunehmend heterogener werdende Bevölkerung. Zugleich bleiben Antisemitismus, Diskriminierung und Ausgrenzung in der Gesellschaft gravierende Probleme, denen in der historisch-politischen Bildung begegnet werden muss. Hier setzte das Projekt an, um gezielt Workshop-Konzepte und Materialien zu entwickeln, die dieser Problemlage Rechnung tragen.
Ablauf
Das Projekt besteht aus drei Modulen. In Modul 1 entwickelt ein interdisziplinäres Team neue Workshop-Konzepte und setzt sie mit Schulklassen in der Ausstellung „7xjung“ um. Die Konzepte arbeiten dabei mit Ansätzen der historisch-politischen sowie kulturellen Bildung, eingesetzt werden verschieden Methoden wie Comicerstellung, Musik, Theater, sportliche Betätigungen etc. Ziel der Konzepte ist es, die Jugendlichen zur konstruktiven kritischen Beschäftigung mit Antisemitismus, Diskriminierung und Ausgrenzung anzuregen. Jeder Workshop dauert 4 Stunden (= 1 Schultag), im Einzelfall auch länger, und setzt stark auf die aktive Beteiligung und persönliche Involvierung der Jugendlichen. Die Lehrer/-innen nehmen daher zwar in der Regel als Begleitpersonen an den Workshops teil, bringen sich jedoch nicht aktiv in die Gruppenarbeiten ein. In Modul 2 werden pädagogische Materialien entwickelt, die insbesondere die aktive Beteiligung von Jugendlichen an den pädagogischen Maßnahmen fördern und darüber hinaus konkrete Erfahrungen aus dem Lernort der Ausstellung für andere Kontexte (z. B. Schule) nutzbar machen sollen. Schließlich wird in Modul 3 in Zusammenarbeit mit sieben Kooperationspartnern in Berlin ein kombiniertes Bildungsangebot zu Nationalsozialismus, Erinnerungspolitik, Demokratieverständnis und vielfältiger Gesellschaft bereitgestellt und erprobt, das unter dem Titel „Geschichte in Bewegung“ angeboten wird (www.geschichte-in-bewegung.de).
Gelingensfaktoren
Die Workshop-Konzepte wie die gesamte Ausstellung sind speziell an den heutigen Lebenswelten von Jugendlichen orientiert und holen die Jugendlichen so direkt bei ihren Alltagserfahrungen ab. Das baut Barrieren ab und fördert von vorneherein das Interesse auch bei solchen Jugendlichen, die für gewöhnlich wenig Interesse an historisch-politischen Bildungsangeboten zeigen.
Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die Workshops je nach Gruppe und Gruppendynamik sehr individuell gestaltet werden können. Im Gegensatz zur Arbeit in vielen anderen Ausstellungen oder beispielweise Gedenkstätten gibt es kein durch bestimmte Ausstellungsstücke oder den Ort selbst vorgegebenes Standardprogramm, vielmehr können die Lerninhalte ganz den Bedürfnissen unterschiedlicher Gruppen angepasst werden. Dadurch wird einer Über- ebenso wie einer Unterforderung der Jugendlichen vorgebeugt.
Lessons Learned
Die Erfahrung zeigt, dass die je nach Gruppe ganz unterschiedliche Workshop-Gestaltung für das Gelingen der Programme von großer Bedeutung ist. Das betrifft nicht nur die gruppenspezifische Zusammenstellung jedes Programms, sondern auch eine große Flexibilität, viele Methodenwechsel und spontane Programmänderungen während der Durchführung. Dies setzt hohe und vielfältige Qualifikationen seitens der pädagogisch Handelnden voraus.
Für die Handlungsorientierung der Workshops und die Authentizität des Lebensweltbezugs ist auch die Möglichkeit sehr wichtig, sehr flexibel zwischen historischen und gegenwärtigen Themen und Beispielen zu wechseln.
Viele Jugendliche erleben in den Workshops, dass sie und ihre Meinungen, ihre Haltungen wichtig sind und ernst genommen werden. Die Ausstellung als Lernort ist für die Jugendlichen überraschend, viele der Methoden wie Comics selbst erstellen oder kleine Theaterszenen machen ihnen überraschend Spaß, was sich in den oftmals sehr positiven Rückmeldungen der Schüler/-innen und Jugendlichen widerspiegelt.