Demokratie leben – von Anfang an! Demokratieförderung in DRK-Kindertageseinrichtungen
Teil des Kooperationsprojekts "Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung"
Macht ist Bestandteil jeder Beziehung, erst recht pädagogischer Beziehungen. Die Notwendigkeit und der Wert eines demokratischen und vielfältigen Miteinanders sind insbesondere an Orten der frühkindlichen Bildung erlebbar. Hier können Kinder lernen, ihre Lebenswelt selbst zu gestalten, Kompromisse einzugehen sowie neue Ideen zu sammeln und zu bewerten. So wird eine wertvolle Grundlage geschaffen, eine Haltung zu stärken, die Kindern Spielräume zur Partizipation und Teilhabe eröffnet.
Ob sich pädagogische Fachkräfte ihrer Wirkungen von Macht bewusst sind und wie sie diese einsetzen, ist bedeutungsvoll dafür, wie Kinder Partizipation beim Aufwachsen erleben. Das DRK setzt daher darauf, dass die pädagogischen Fachkräfte ihre Biografie hinsichtlich eigener Beteiligungs-, Demokratie- und Machterfahrungen reflektieren. Hierfür wurden ein Curriculum, ein Kinderbuch sowie begleitende Angebote entwickelt.
Die Idee hinter dem DRK-Curriculum „Was MACHT was?!“ ist einfach: Fachkräfte setzen sich mit ihren eigenen Erfahrungen auseinander und reflektieren ihre professionelle Arbeit vor diesem Hintergrund. Das Curriculum vermittelt dabei umfangreiches Wissen zu folgenden Themen: Definitionen von Macht, Kinderrechte, Konzepte von Schuld, Lob, Strafe, Regeln und Grenzen, Partizipation, Wertschätzung füreinander, Selbstfürsorge und Teamkultur. Das Material richtet sich an Fach- und Praxisberater_innen von Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie an Leitungskräfte.
Ablauf
Den inhaltlichen Ausgangspunkt des Projektes bildet des DRK-Curriculum „Was MACHT was?!“. Das Curriculum beleuchtet in sieben Modulen das Thema Macht aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit einführenden Hintergrundtexten, Methodenvorschlägen und beispielhaften Seminarabläufen ermöglicht es Fachkräften eine ausführliche Auseinandersetzung mit Diskriminierungen und Machtverhältnissen in der pädagogischen Praxis.
Durch die Reflexion der eigenen professionellen Arbeit wird eine wertvolle Grundlage geschaffen, eine Haltung zu stärken, die Kindern Spielräume zur Partizipation und Teilhabe eröffnet. Im Rahmen des Projekts wurden rund 100 Fach- und Praxisberater_innen zu den Inhalten des Curriculums geschult. Ziel war es, dass die ausgebildeten Multiplikator_innen das erlangte Wissen an Teams und Fachkräfte weitergeben. Neben den Multiplikator_innenschulungen wurden Workshops zu fachpraktischen Fragestellungen der Demokratieförderung in Kindertageseinrichtungen durchgeführt.
Dem Grundgedanken der Reflexion von Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen und den darin eingeschriebenen Machtverhältnissen folgend, wurde in einem zweiten Schritt das Kinderbuch „Machtgeschichten“ entwickelt.
Das Buch richtet sich an Kinder und Bezugspersonen gleichermaßen. Es handelt von Kindern, die herausfordernde Situationen mit Erwachsenen erleben und damit so gut wie möglich umgehen. Und es handelt von Erwachsenen, die ihrerseits versuchen, Kinder so gut wie möglich zu begleiten. Und dabei manchmal auch die Grenzen der Kinder überschreiten.
Neben den Geschichten enthält das Buch Anregungen und Hintergrundinformationen für die erwachsenen Bezugspersonen. Das Buch lädt dazu ein, über alltägliche Situationen, Konflikte und Unsicherheiten ins Gespräch zu kommen. Es öffnet den Raum, für einen Austausch auf Augenhöhe und macht Kindern Mut über ihre Erfahrungen mit verletzendem Verhalten von Erwachsenen zu sprechen. Erwachsene unterstützt es in ihren Prozessen von Selbstreflexion und Entwicklung.
Gelingensfaktoren
Die Projektthemen und -ansätze fanden auch über das DRK hinaus großen Zuspruch. Die Auseinandersetzung mit Diskriminierung und Adultismus im Alltag trifft die aktuellen fachlichen und gesellschaftspolitischen Debatten. Besonders erfolgreich sind die Projektmaßnahmen durch eine enge Verzahnung mit Qualitätsentwicklungsprozessen in den Einrichtungen.
Der konsequente Ansatz der Biographiearbeit und der Freiwilligkeit in den Trainings hat sich für eine nachhaltige Veränderung der pädagogischen Praxis bewährt. Ebenso wurde der modulare Aufbau des Curriculums und die ausführlichen Anleitungen besonders geschätzt. Die Materialien können bedarfsgerecht genutzt werden und bieten sowohl Anregungen für kurze Interventionen als auch für ausführliche Teamschulungen.
Lessons Learned
Die Arbeit zu Haltungsfragen und persönlichen Erfahrungen benötigt Zeit. Fortbildungen zu Macht und Adultismus sollten umfangreich gestaltet sein.
Es braucht mehr als einen Einblick in die Thematik und eine Einführung in die Methoden. Deshalb wurde im Laufe des Projektes eine Aufbau-Fortbildung entwickelt, die einzelne Schwerpunkte des Curriculums vertieft.
Es hat sich auch gezeigt, dass das Thema Netzwerker*innen vor Ort braucht. Im Projekt haben sich Fachberatungen zusammengetan, um das Thema in die Einrichtungen zu bringen. Sie bieten Fortbildungen an und sind im Tandem in den Teams unterwegs. Hierfür sind auch mehr Zeiten für gemeinsame Besprechungen notwendig. Die Lernerfahrungen aus der Arbeit mit Teams brauchen Reflektionsräume.
Eine weitere wichtige Erkenntnis des Projektes ist auch, dass es noch mehr Know-How für die Vermittlung des Themas an die Eltern benötigt. Das im Projekt entwickelte Kinderbuch bietet einen guten Zugang. Das Thema Elternarbeit muss jedoch noch stärker in den Fokus gerückt werden.