#Kopfeinschalten – Kritisch gegen Verschwörungsdenken
Das Projekt klärt Schüler:innen über Verschwörungstheorien auf, stärkt ihre Kritikfähigkeit und interveniert bei sich radikalisierenden Schüler:innen
Warum habt ihr das Projekt ins Leben gerufen?
Eine Lehrerin berichtete bei einem Seminar in unserem Haus von öfters auftretenden Falschinformationen, die vor allem durch einschlägige YouTube-Videos Eingang in die Diskussionen im Unterricht fanden. Darauf aufbauende Verschwörungsideologien erschweren damit grundsätzlich die politische Bildungsarbeit. Sie verhindern auch ein demokratisches Eintreten für die eigenen Belange. Hat sich einmal das Weltbild verfestigt, eine geheime Elite steuere im Hintergrund die Geschicke der Welt, scheint jegliches Engagement aussichtslos. Zudem beobachteten wir das enorme Radikalisierungspotential von Verschwörungsideologien. Nicht nur waren alle Manifeste und Verlautbarungen rechtsterroristischer Attentäter der letzten Jahre von Verschwörungsideologien durchsetzt, Verschwörungserzählungen bieten darüber hinaus manifeste Anschlussmöglichkeiten für antisemitische Hetze, Rassismus und Antifeminismus. Dies alles stand zu Beginn des Projekts, vor der Corona-Pandemie, noch in einem krassen Missverhältnis zur gesellschaftlichen Debatte über Aluhutträger:innen, die das Problem des Verschwörungsdenkens nicht in seiner Gefährlichkeit begriff.
Wie läuft das Projekt ab?
Am Beginn der Projektarbeit stand eine Konzeptionsphase, in der Methoden entworfen wurden, um Verschwörungsdenken kritisch zu begegnen und dabei die Dynamik einer Schulklasse oder Jugendgruppe in die Arbeit zu integrieren. Ziel ist die Stärkung der Ambiguitätstoleranz und die Integration der Schüler:innen in ihre Peergroup. Die Fähigkeit widersprüchliche und uneindeutige Verhältnisse aushalten zu können sowie die gegenseitige Anerkennung der Teilnehmer:innen dienen dabei der Distanzierung von einem beginnenden Denken in Verschwörungen. Damit geben wir den Teilnehmer:innen Mittel an die Hand, die Welt in ihrer Komplexität kritisch zu erfassen und unterstützen sie in ihrem Bedürfnis nach Anerkennung und Akzeptanz, wobei zugleich klare Grenzen bei menschenfeindlichen Äußerungen gezogen werden.
In einem zweiten Schritt wird das Seminarkonzept mit Teilnehmer:innen erprobt. Jedes Seminar wird dabei evaluiert und entsprechende Anpassungen am Konzept vorgenommen, sodass auf ihre Praktikabilität überprüfte Methoden auch anderen politischen Bildner:innen zur Verfügung gestellt werden können.
Was braucht ihr, damit das Projekt gelingt? Wo liegen mögliche Herausforderungen?
Die aktuellen Herausforderungen für das Projekt liegen insbesondere in der Akquise von Schulklassen, für die Durchführung und Erprobung der entwickelten Methoden und des Seminarkonzepts. Besonders die Corona-Pandemie hat sich hierauf negativ ausgewirkt. Zwar ist das Thema aktuell virulent, die Einschränkungen des Schulbetriebs verhindern allerdings das Durchführen entsprechender Seminare. Zwar bietet das Projekt auch digitale Formate an, in diesen können allerdings die Module zur Klassenstärkung nicht umgesetzt werden.
Was habt ihr aus dem Projekt gelernt?
Das Projekt bewegt sich im Spannungsfeld einerseits einer Reproduktion dessen, was es präventiv bekämpfen möchte, andererseits eines allzu abstrakten Seminarkonzepts. Am Beginn stand der Versuch, ein Seminar rein bezogen auf die strukturellen Aspekte des Verschwörungsdenkens, unabhängig von einer Nennung konkreter Verschwörungsideologien durchzuführen. Hiermit ging allerdings eine von den meisten Teilnehmer:innen nicht zu bewältigende Transferleistung einher. Da die Teilnehmer:innen allerdings früher oder später ohnehin mit Verschwörungsideologien konfrontiert werden, orientiert das aktuelle Konzept die einzelnen Module an der Verschwörungsideologie der flachen Erde, die viele prototypische Elemente aufweist.
Die Fragen beantwortete:
Christoph Hövel