ExPO. Extremismus Prävention Online
Seit Anfang des Jahres 2020 befasst sich das vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ geförderte Projekt „ExPO“ mit den Themenfeldern Rechtsextremismus, Rassismus und Islamismus. Basierend auf den beiden Säulen der Online-Medienarbeit und der Bildungsarbeit stellt das Projektteam Hintergrund- und Methodenwissen über phänomenübergreifende Primärprävention für Fachkräfte wie Sozialarbeiter:innen und Pädagog:innen zur Verfügung und gestaltet durch eigene Beiträge in den Sozialen Medien die öffentlichen Debatten konstruktiv mit.
Warum habt ihr das Projekt ins Leben gerufen?
Das Modellprojekt reagiert mit dem starken Fokus auf der Verschränkung von On- und Offline-Formaten sowie mit der Produktion eigener medialer Inhalte auf die zunehmende Verlagerung der Lebenswelten junger Menschen in den digitalen Raum. Fachkräfte, die mit jungen Menschen arbeiten, benötigen nicht nur ein vertieftes Verständnis davon, wie digitale und vor allem auch soziale Medien Alltag und Interessen junger Menschen prägen; um eine Kommunikation auf Augenhöhe zu ermöglichen, profitieren Fachkräfte selbst von der Nutzung digitaler Medien im Rahmen ihrer pädagogischen Arbeit. Die dafür erforderlichen Medienkompetenzen sind jedoch häufig nicht in ausreichendem Maße vorhanden, weswegen sie vom Modellprojekt gefördert bzw. zur Verfügung gestellt werden. Eine zentrale Beobachtung des Projekts ist darüber hinaus, dass auch rechte und islamistische Gruppen und Akteur*innen verstärkt im digitalen Raum präsent sind und darin Narrative und Ansprachestrategien platzieren, mit denen sie gezielt versuchen, junge Menschen zu erreichen. Diese Inhalte können zunächst harmlos erscheinen und durch die Anonymität, die im Netz zunächst gegeben ist, einen niedrigschwelligen Einstieg in bestimmte Gruppen oder Szenen bieten. Eine Aufklärung über problematische und menschenfeindliche Inhalte und Rekrutierungsversuche im digitalen Raum ist daher gleichermaßen für Fachkräfte wie für junge Menschen wichtig, um eine Resilienz gegenüber diesen zu entwickeln. Das Modellprojekt macht sich dabei Erkenntnisse aus den Bereichen rechter sowie religiös begründeter Radikalisierungsprozesse zunutze, um auf mögliche Synergien und phänomenübergreifende Mechanismen, aber auch auf zentrale Unterschiede hinweisen zu können. Die Wechselwirkungen und Eskalationsdynamiken zwischen beiden Formen der Radikalisierung werden dabei ebenfalls im Rahmen der Projektarbeit berücksichtigt.
Wie läuft das Projekt ab?
Die Arbeit des Modellprojekts basiert auf zwei zentralen Säulen, die im Laufe der Projektumsetzung zunehmend ineinandergreifen. Die erste Säule bildet die Konzeption und Durchführung von Workshops sowohl mit indirekten als auch mit direkten Zielgruppen. Die zweite Säule besteht aus der Produktion medialer Erzeugnisse (z.B. Videos oder Podcasts), die auf verschiedenen Kanälen (vorrangig Soziale Medien) verbreitet und bei inhaltlicher Passung auch als Lehrinhalte in die Workshops eingebunden werden. Andersherum entsteht im Rahmen oder auf Basis der Workshops wiederum Material, das vom Projektteam inhaltlich aufbereitet und medial verarbeitet wird. Die Hauptzielgruppe der Workshops und Fortbildungen sind dabei pädagogische Fachkräfte (z.B. Lehrkräfte, (Schul-) Sozialarbeiter:innen, Fachkräfte aus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit); es werden allerdings auch Workshops für Jugendliche als sekundäre Zielgruppe angeboten. Die Workshops bedienen verschiedene inhaltliche Schwerpunkte
- Memes als digitales Kommunikationsphänomen
- antimuslimischer Rassismus
- Argumentationstrainings gegen rassistische Äußerungen
- demokratische Meinungsäußerung und Abgrenzung von menschenfeindlichen Positionen
- Digitale Strategien der neuen Rechten
- Digitale Startegien islamistischer Akteur:innen
Die produzierten Medienformate sind noch vielfältiger und thematisieren z. B. den Umgang mit Hate Speech oder Möglichkeiten demokratischer Jugendbeteiligung; ebenso greifen sie tagesaktuelle Ereignisse auf.
Was braucht ihr, damit das Projekt gelingt? Wo liegen mögliche Herausforderungen?
Das Projekt ist thematisch breit aufgestellt, so dass es wichtig ist, innerhalb des weiten Themenfeldes einzelne Aspekte zu finden, die man tiefgehender über einen längeren Zeitraum behandelt. Erst so können fundierte Einsichten generiert und vermittelt werden. Zudem sind die Definitionen in dem Themenfeld uneinheitlich, so dass es erforderlich ist, sich im Team und ggf. beim Träger bezüglich eigener Arbeitsdefinitionen zu einigen und damit zu arbeiten.
Wenn man noch keinen großen Bekanntheitsgrad hat, ist es mit Themen der politischen Bildung, nicht einfach, über Soziale Medien ein breites Publikum zu erreichen. Es hat sich gezeigt, dass nicht nur der Inhalt von Angeboten zählt, sondern dass die Inhalte möglichst attraktiv verpackt werden müssen, damit mehr Resonanz erzeugt wird. Dies geschieht z.B. über anschauliche Titel der Angebote und über ein Online-Layout, das neugierig macht. Man kann zudem Kooperationen mit prominenteren Akeur:innen eingehen, um den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern.
Zum Teil handelt es sich in unserer Arbeit um sehr komplexe Sachverhalte. Damit Wissen von den Rezipient:innen einfacher aufgenommen werden kann, macht es Sinn, die Einsichten möglichst in nachvollziehbare Formeln und Bilder zu verpacken und dies entsprechend zu vermitteln.
Durch unsere Arbeit und berufliche Netzwerke bewegen wir uns in einer Echokammer, in der ähnliche gesellschaftspolitische Positionen vertreten werden. Dessen sollte sich ein Team der politischen Bildner:innen bewusst sein und es im Sinne des Kontroversitätsgebots kritisch reflektieren. Hier ist auf eine Balance zwischen gesellschaftlichen Engagement und Sachlichkeit bzw. Wissenschaftlichkeit zu achten.
Wie hat die Corona-Pandemie den Verlauf des Projekts beeinflusst? Welche kurzfristigen Lösungen habt ihr gefunden?
Viele unserer Workshop-Angebote haben wir in den digitalen Raum verlagert. Dies hat weitgehend gut funktioniert, allerdings fehlt hierbei der informelle Austausch, den wir normalerweise sehr schätzen.orkshop-Angebote haben wir in den digitalen Raum verlagert. Dies hat weitgehend gut funktioniert, allerdings fehlt hierbei der informelle Austausch, den wir normalerweise sehr schätzen.
Die Fragen beantwortete
Piotr Suder