Historisch-politisches Lernen in der Post-Migrationsgesellschaft: Sensibilisierung für Rassismus gegen Sinti:zze und Rom:nja in Geschichte und Gegenwart
Das Modellprojekt sensibilisiert für das Phänomen Antiziganismus und stärkt die gesellschaftliche Teilhabe von Sinti:zze und Rom:nja. In Seminarreihen setzen sich Stadtteilmütter, Rom:nja und Multiplikator:innen mit und ohne Einwanderungsgeschichte mit der Geschichte des Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus gegen Sinti:zze und Rom:ja auseinander.
Warum habt ihr das Projekt ins Leben gerufen?
Der ASF-Arbeitsbereich „Geschichte(n) in der Migrationsgesellschaft“ beschäftigt sich mit der Bedeutung der NS-Geschichte in unserer durch Migration geprägten Gesellschaft. Auf Initiative der Neuköllner Stadtteilmütter (Familienberaterinnen mit Einwanderungsgeschichten) entwickelt ASF historisch-politische Bildungsprogramme, die sich mit dem Schwerpunkt Rassismus gegen Sint*ezze und Rom*nja in Geschichte und Gegenwart beschäftigen.
Aus verschiedenen Projektorten (Berlin-Neukölln, Landkreis Lüchow-Dannenberg, Halle (Saale), Eberswalde, Minden) wandten sich Kooperationspartner:innen an uns, die mit Multiplikator:innen in der Post-Migrationsgesellschaft arbeiten, beispielsweise Familienberater:innen, Sozialarbeiter:innen, Akteur:innen aus der Roma-Community. Besonders in strukturell benachteiligten Städten und Landkreisen fehlt ein Bewusstsein für die Anliegen von Menschen aus der Minderheit und den Rassismus, mit dem Angehörige der Minderheit in verschiedenen Lebensbereichen konfrontiert sind. Dort setzen wir mit unserer Bildungsarbeit an.
Wie läuft das Projekt ab?
Wir gestalten an den vier Projektorten gemeinsam mit unseren Kooperationspartner*innen Bildungsprogramme für Multiplikator:innen zu den Themen Geschichte des Nationalsozialismus, Völkermord an Sinti:zze und Rom:nja, Holocaust, aktueller Rassismus gegen Sinti:zze und Romnja, Antisemitismus und Rassismus. Mit Methoden der historisch-politischen Bildung, Gedenkstättenbesuchen, Zeitzeug*innen-Gesprächen mit Überlebenden oder ihren Nachkommen und Ausstellungsbesuchen kommen wir mit den Teilnehmer:innen über die Bedeutung der NS-Geschichte für unsere Gegenwart ins Gespräch. Ein wichtiger Teil der Seminare ist auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensgeschichten der Teilnehmenden und ihren Erfahrungen mit Rassismus und Ungleichheitsideologien.
Was braucht ihr, damit das Projekt gelingt? Wo liegen mögliche Herausforderungen?
In unseren Bildungsprogrammen steht das Lernen auf Augenhöhe in dialogischen Begegnungen im Zentrum. Daraus entstehen wertvolle Impulse, die eine vertiefte, differenzierte Auseinandersetzung mit den Themen ermöglichen und das Projekt weiterentwickeln. Die Herausforderung besteht darin, stets aufs Neue für die jeweiligen Interessen und Bedarfe der Multiplikator:innen ein Bildungsprogramm zu entwickeln, dass ihnen Partizipation ermöglicht.
Intersektionale Verschränkungen von verschiedenen Formen der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit benötigen eine sensible Auseinandersetzung mit den Eigenheiten und besonderen Wirkungsmechanismen und stellen gleichzeitig auch eine Chance für eine solidarischen Blick auf gemeinsame Berührungspunkte dar.
Zentral für die multiplikatorische Wirkung ist darüber hinaus auch der Schritt aus dem Seminarraum in den Stadttraum. Die Haltung von Verwaltung, Regelstrukturen, lokalen Akteur:innen und Trägern beeinflusst die Chancen und Grenzen des Engagements der Projektbeteiligten: Aus den Seminarreihen entwickeln wir gemeinsam mit Romnja-Selbstorganisationen und unseren Kooperationspartner*innen verschiedene Formate, die in der lokalen Öffentlichkeit wirken. Die Multiplikator:innen können so Impulse setzen, die das Bewusstsein für die Geschichte und den heutigen Rassismus, der sich gegen Sinti:zze und Rom:nja richtet, in der Gesamtgesellschaft stärken.
Die Fragen beantwortete
Sara Spring