7xjung
Dein Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt
Das Ausstellungskonzept wurde von Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT.“ entwickelt. Ausgangspunkt des Projektes war die fortschreitende Problematik, einerseits immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für persönliche und emotionale Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und Holocaust zur Verfügung zu haben. Andererseits ist der traditionelle Zugang über die Schuld des deutschen Tätervolks für viele Jugendliche heute nicht mehr unmittelbar nachvollziehbar – sowohl aufgrund des wachsenden zeitlichen Abstands also auch durch die im Einwanderungsland Deutschland zunehmend heterogener werdende Bevölkerung. Zugleich bleiben Antisemitismus, Diskriminierung und Ausgrenzung in der Gesellschaft gravierende Probleme, denen in der historisch-politischen Bildung begegnet werden muss. Vor diesem Hintergrund wurde im Projekt ein zeitgemäßes Ausstellungskonzept entwickelt, das sowohl den geänderten Bedingungen hinsichtlich der Zugänge wie auch der heterogeneren Zielgruppe Rechnung tragen sollte.
Inhalt
Das Ausstellungskonzept arbeitet mit sieben Räumen, die je eine Lebenswelt von Jugendlichen aufgreifen: „Mein Zimmer“ fängt die private Atmosphäre eines Jugendzimmers ein, „Meine Familie“ die Beziehungs- und Konfliktebenen im Familienalltag, „Meine Papiere“ greift Erfahrungen mit staatlichen Behörden auf, „Mein Laden“ repräsentiert den Freizeitort des Cafés ebenso wie das Shopping, „Mein Sport“ die Freiheit und den Teamgeist in der Mannschaft ebenso wie zahlreiche Diskriminierungskontexte im Sport, „Meine Stadt“ den öffentlichen Raum und die Stimmung im eigenen Viertel und „Meine Musik“ die Musik als Entfaltungsmöglichkeit, als Ort des Austauschs und des Rückzugs. Die Räume arbeiten dabei mit nur wenigen einfachen, alltäglichen Ausstellungsstücken (z. B. Kissen, Sitzwürfel, Mobiltelefon, Hula-Hoop-Reifen), die viel Raum für unterschiedlich gestaltete Workshops lassen.
In jedem Raum werden die Themen Antisemitismus, Diskriminierung, Entrechtung und Ausgrenzung in Form persönlicher Geschichten dezent mittels kurzer Texte, Audio- und Filmbeiträge aufgegriffen. Diese Geschichten stehen dabei direkt in Beziehung zum jeweiligen Lebensweltraum. So thematisiert beispielsweise das Exponat „Das zerstörte Zimmer“ im Themenraum „Mein Zimmer“ die einschneidende Erfahrung von Razzia und Zerstörung in den eigenen vier Wänden, „Meine Musik“ die radikale Beschneidung freier Entfaltungsmöglichkeiten durch das Swing-Verbot in der NS-Zeit.
Der inhaltliche Fokus der Ausstellung liegt demnach auf der Alltagsgeschichte, auf der Bedeutung der politischen Entwicklungen insbesondere im Nationalsozialismus und Holocaust für den Einzelnen. So sollen die Erfahrungen der Zeitzeug/-innen für die Jugendlichen heute nachfühlbar werden und sich mit ihrem eigenem Erleben vergleichen lassen.
Gelingensfaktoren
Die Ausstellung ist speziell an den aktuellen Lebenswelten von Jugendlichen heute orientiert und holt die Jugendlichen so direkt in ihren Alltagserfahrungen ab. Sie zielt darauf ab, die üblichen Erwartungen der Jugendlichen an eine historisch-politische Ausstellung dadurch zu irritieren, dass sie ganz bewusst eine Atmosphäre schafft, die nicht von historischen Originalen oder wertvollen Ausstellungsstücken geprägt ist, sondern viel Raum für persönliche Erlebnisse und aktuelle Problemlagen lässt. Dadurch werden auch gerade solche Jugendliche angesprochen, die an historisch-politischer Bildung normalerweise wenig Interesse zeigen und nur schwer für sie zugänglich sind.
Lessons Learned
Einerseits reagieren Jugendliche sehr sensibel sowohl auf die Raumgestaltung als auch auf die Ansprache durch die pädagogisch Handelnden. Andererseits lebt die Ausstellung als Lernort von der Auseinandersetzung „auf Augenhöhe“. Dabei hat sich sehr bewährt, die „historische“ und die „aktuelle“ Ebene der Ausstellung sehr unterschiedlich dicht zu befüllen: Zahlreichen kurzen historischen Geschichten, die in ganz unterschiedlicher Art und Weise künstlerisch verarbeitet sind, erzählt und gezeigt werden, stehen relativ wenige aktuelle Geschichten gegenüber. Dafür ist die Raumästhetik stark mit der Gegenwart verbunden. Sie bietet den Rahmen dafür, dass Jugendliche ihre eigenen Erfahrungen in die Auseinandersetzungen einbringen. Jede Gruppe erfordert andere Vorgehensweisen, Methoden und Formen; hier bewährt sich eine große Vielfalt an Angeboten und/oder Produktformen im Rahmen der stark kulturpädagogisch geprägten Workshops. Schwerpunkte liegen z. B. auf Theaterpädagogik, Comics, Musik, Sport und Bewegung.