„Es ist Deine Kampagne – (Inter)aktiv für eine lebendige Demokratie!“
Ein Modellprojekt zur Unterstützung von Kampagnen Jugendlicher für Demokratie und gegen Ungleichwertigkeitsideologien
Zurzeit nutzen Rechtsextreme auch die Flüchtlingspolitik, um gerade Jugendliche mit ihren Inhalten und Orientierungsangeboten zu erreichen. Hier setzt das Projekt an: durch Wissensvermittlung, Reflexion von Einstellungen und Vorurteilen sowie Aufzeigen von alternativen Handlungsoptionen sollen Ideologien der Ungleichwertigkeit hinterfragt werden. Im Mittelpunkt stehen Sozialräume, in denen durch die Einrichtung von Unterkünften für Geflüchtete bereits eine Konfliktlage entstanden ist, bzw. in denen sich eine aufgeladene Stimmung gegen Geflüchtete entwickelt hat, die sich zuweilen bereits in Gewalt entlädt. Mit dem Projekt soll der Präsenz von Vertreter_innnen der Extremen Rechten und ihren menschenverachtenden Positionen vor allem ebendort offensiv entgegengetreten werden. Es gilt, Jugendliche als „Peers“ zu gewinnen und ihnen das notwendige Wissen zu vermitteln und sie darin zu unterstützen, vor Ort und in den sozialen Medien aktiv für eine demokratische Kultur einzutreten. Sie sollen auf Gleichaltrige einwirken, extrem rechten Argumentationsmustern begegnen und sich für eine demokratische Alltagskultur einsetzen. Mit Aktionen und Kampagnen, die von den jugendlichen „Peers“ selbst entwickelt werden, soll der öffentliche und virtuelle Raum eingenommen und die demokratische Kultur gestärkt werden.
Ablauf
Im Rahmen des Projektes finden Seminare für Schulklassen und Jugendeinrichtungen in den beteiligten Bildungsstätten statt. Außerdem werden begleitende Projekttage vor Ort durchgeführt. In den Seminaren geht es darum, Ideologien der Ungleichwertigkeit zu hinterfragen und Jugendliche zu befähigen, für Demokratie einzutreten. Aus den Seminaren heraus sollen sich Jugendliche finden, die den öffentlichen und virtuellen Raum mit Aktionen und Kampagnen einnehmen, die von den Jugendlichen selbst entwickelt werden (z. B. Plakate im Kiez, Veranstaltungen, Musikkonzert, Ausstellungen etc.). Ausgehend von der Annahme, dass die Jugendlichen ihre Wertvorstellungen, Regeln und Einstellungen wesentlich auch von Gleichaltrigen lernen (Peer-Ansatz), soll mit der netzbasierten Kampagnenführung, in die Lebensrealität der Teilnehmenden hineingewirkt werden. Mit virtuellem Campaining, multimedialem Cross-Marketing oder Alternate Reality Games soll die demokratische Kultur im Alltag und im Netz gestärkt werden. Um das zu ermöglichen wird eine enge Kooperation und Vernetzung mit anderen Akteur_innen angestrebt, z. B. Jugendeinrichtungen, Schulen, lokalen Bündnissen und Partnerschaften für Demokratie. Der innovative Ansatz des Projektes ist die Erprobung einer Strategie der peerbasierten Distanzierung. Dieser Ansatz soll in unterschiedlichen Regionen in Berlin (Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick), Brandenburg (Landkreis Barnim) und Nordrhein-Westfalen (Stadt Duisburg und das Sauerland) erprobt werden, die soziostrukturell und historisch-politisch unterschiedlich geprägt sind, aber alle gemeinsam haben, dass es im Zuge des Baus und Bezugs von Unterkünften für geflüchtete Menschen zu rechten Aktionen und/oder massiven Bekundungen von menschenverachtendem Gedankengut kommt.
Nähere Informationen zum konkreten Projektablauf und Erfahrungswerten werden während der Projektlaufzeit ergänzt.
Gelingensfaktoren
- Ein guter Ansatz, engagierte Jugendliche für das Projekt und seine Ziele zu finden, war die Durchführung von Aktivitäten mit jungen Menschen, welche sich in ihrer Schule in der Schüler*innenvertretung engagieren. Auch positiv waren verschiedene Ansätze von Peerlernen, wo die Älteren und Erfahrenen mit Unterstützung des Teams einige Inhalte den Jüngeren und Unerfahrenen präsentierten oder mit ihnen gemeinsam wichtige Themen erarbeiteten. Die Jugendliche werden zu Akteur*innen der Gestaltung ihres Umfelds, ihres Sozialraums und erkennen, welchen Mehrwert es hat, Räume mit demokratischer Kultur zu besetzen. Das Selbst-Aktiv-werden und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit waren hier zentral.
- In unserem Projekt setzten wir auf das Format der Begegnung in den Aktivitäten, die geflüchtete und nicht-geflüchtete Menschen gleichermaßen ansprechen sollten. Es zeigte sich, dass durch diesen von uns bereit gestellten Rahmen ein Dialog und gemeinsames Bearbeiten von Inhalten unaufgesetzt möglich war und in Kampagnen (wie ein bewegender Videofilm) mündete.
- Eine Erkenntnis aus dem Projektverlauf ist weiterhin, dass es ein sehr sinnvoller Ansatz ist, regelmäßig Multiplikator*innen zu erreichen, die zum Beispiel als FSJler*innen oder Studierende im pädagogischen oder sozialwissenschaftlichen Feld im Rahmen eines freiwilligen Jahres oder Praktikums tätig sind und somit selbst wieder auf Kinder und Jugendliche treffen. Auch positiv für das Projekt waren Seminare für politische Aktive und ehrenamtlich engagierte Jugendliche, die wir über unseren Jugendverband SJD-Die Falken erreichen konnten.
Lessons Learned
- Ohne die kontinuierliche Ansprache der Jugendlichen vor Ort durch unsere Kooperationspartner wären Kontakte zu einzelnen Jugendlichen und Jugendgruppen und die Umsetzung des Projekts so nicht möglich gewesen. Um nachhaltiger vor Ort wirken zu können, haben wir deshalb die Kooperationen mit Jugendeinrichtungen und Jugendringen verstärkt.
- Wichtig für uns war auch die von uns eingesetzte „Sozialraumkoordination“, die quasi als Bindeglied zwischen den Kooperationspartnern vor Ort und uns als Jugendbildungsstätten fungierte. Diese Vernetzung mit den Akteur*innen vor Ort durch die Sozialraumkoordi-nator*innen war zentraler Bestandteil des Projekts.
- In Bezug auf die Nutzung des virtuellen Raums durch die Jugendlichen in unserem Projekt mussten wir feststellen, dass einige von uns geplante Herangehensweisen oder Aktivitäten (wie die Nutzung einer virtuellen Lernplattform) eher an den Interessen der Jugendlichen vorbei ging und nur teilweise frequentiert wurde. Weniger von den Jugendlichen genutzt als gedacht waren im virtuellen Raum soziale Netzwerke wie Facebook, die Jugendlichen sahen darin weniger ihren Aktionsraum als in privaten sozialen Netzwerkgruppen.