Dehnungsfuge – auf dem Lande alles dicht?
Demokratieförderung im ländlichen Raum durch partizipativ-nachhaltige Bildungs- und Kulturprojekte
Der demografische Wandel macht sich insbesondere in den ländlich geprägten Regionen bemerkbar. Mit der Abwanderung vor allem junger Menschen in urbane Lebensräume brechen große Teile der sozialen sowie kulturellen Infrastruktur weg – so sind etwa wichtige Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser nicht mehr gut erreichbar, Orte der Begegnung und gemeinsamer Aktivitäten wie Vereine und Jugendzentren lösen sich zunehmend wegen Nachwuchsmangel auf. Aufgrund dieser Entwicklungen verlieren die betreffenden Regionen noch mehr an Attraktivität. Die Frustration über den Bevölkerungsrückgang und der damit einhergehenden Ausdünnung der Infrastruktur machen sich rechtsextreme Akteure zunutze: sie engagieren sich gezielt in sozialen Bereichen und versuchen die Jugend durch entsprechende Angebote für ihre menschenfeindliche Ideologie einzunehmen. Die aufgrund der Überschaubarkeit der lokalen Bevölkerung und des geringen Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund verbreitete Unwissenheit und Skepsis gegenüber Neuem und Unbekanntem erleichtern Rechtsextremen zudem den Zugang. Diesen Entwicklungen wirkt das Modellprojekt entgegen. Es vermittelt Jugendlichen soziale Schlüsselkompetenzen durch die Förderung ihrer Partizipation an demokratischen Prozessen. Durch die eigenständig entwickelten Projekte in leerstehenden Objekten wird der ländliche Raum aufgewertet und die Bevölkerung zum Dableiben angeregt: Wo selbst etwas bewegt werden kann, entstehen Zukunftsperspektiven. Positive Impulse gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit werden dabei durch alternative Kulturangebote und Empowerment sowie Stärkung durch lokalpolitische Einflussnahme gegeben.
Durch solche Stärkung und Aktivierung können neue Ideen für mögliche neue Arbeitsplätze entstehen. Netzwerke aus ideengebenden Kerngruppen, indem sie nachhaltig mit Lokalpolitik, kultureller Bildung und Akteuren einer neuen Willkommenskultur verknüpft werden, verstetigen durch Bindung junger Menschen an ihre Heimat im ländlichen Raum die Soziokultur und Attraktivität des Lebensraums vor Ort. Ein Hauptfaktor dabei ist die aktive Teilhabe an demokratischen Prozessen: Biografisch prägend werden die im Projektprozess erworbenen Schlüsselqualifikationen für jeden einzelnen Lebensweg – persönlich/beruflich positiv und nachhaltig.
Ablauf
Das Projekt wandelt mit Blick auf seine Ziele eine negative Auswirkung der demografischen Entwicklung in neue Möglichkeiten: In vielen ländlichen Regionen finden sich Spuren des gesellschaftlichen Wandels in Gestalt von leerstehenden Häusern, verlassenen Gehöften oder Gemeindeeinrichtungen. Das Projekt ermöglicht es Jugendlichen, in diesen leerstehenden Objekten eigene Ideen zu verwirklichen. So schafft „Dehnungsfuge“ Möglichkeiten zur Entfaltung und gibt Jugendlichen einen Raum, um ihr Potenzial zu entwickeln.
Gemischte Kerngruppen alteingesessener und zugezogener Jugendlicher erkunden Leerstand in ihrer Region, dokumentieren diesen und entwerfen selbst Projekte zum Füllen dieser Räume mit partizipativ-nachhaltigen Bildungs- und Kulturprojekten. Gerade im ländlichen Raum spielt dabei der digitale Kommunikationsprozess eine große Rolle. Es werden basisdemokratisch Prozesse angeschoben, die die Jugendlichen für eigenverantwortliche Projekte nach ihren Vorstellungen und Bedarfen, flankiert von professionellen Partnern, befähigen und begeistern sollen. Hierin liegt auch die Innovationskraft des Projekts: Kooperationen bzw. Synergien zwischen professionellen Partnern aus Bildung und Wissenschaft einerseits (z.B. Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Kommunikation und Medien / CrossMediaPlattform „Die Wählerischen“) sowie Lokalpolitik, Wirtschaft, Kultur und heterogenen Gruppen von Jugendlichen vor Ort andererseits.
Die Projekte werden in Viesen/Brandenburg, Stendal, Eisleben, Rendsburg und Mestlin umgesetzt. Der kontinuierliche und strukturierte Austausch von fünf Teilprojekten in vier Bundesländern untereinander über die Projektarbeit, über neue Formen des Zusammenlebens im Sozialraum wird im Laufe des Projekts ergänzt durch Bildungsaktivitäten auf lokalhistorischer Spurensuche, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für demokratisches Handeln.
Zum Zeitpunkt (Mai 2016) wurden bereits Kunst-, Tanz-, Theater- und Graffity-Projekte sowie diverse Workshops umgesetzt. Einzelheiten zum Ablauf werden während der Projektlaufzeit an dieser Stelle ergänzt.