HipHop braucht kein Mensch, aber Mensch braucht HipHop
Alternative Kultur Gegen Rechts
Für die Mitarbeiter/-innen der offenen Kinder- und Jugendarbeit in einem Jugendzentrum wurden vermehrt besondere Problemlagen (Schulschwänzen, Drogenprobleme, Konflikte im Elternhaus etc.) der Kinder und Jugendlichen, die sich der Hip-Hop Straßenkultur zurechneten, sichtbar. Ebenfalls fiel auf, dass sich verstärkt auch rechtsextrem orientierte Jugendliche auf Skateboards in der Halfpipe sich dem Hip-Hop zuwandten. Andererseits wurde deutlich, dass der Umgang mit rechtsextrem gefährdeten Jugendlichen aber auch die Hip-Hop-Kultur als Ganzes nicht im bestehenden Angebotsprofil der offenen Jugendarbeit nicht vorhanden war.
Neue Methoden und Konzepte der szenespezifischen Jugendarbeit, die eine gezielte Förderung der jugendlichen Hip-Hop-Aktivitäten beinhalteten, wurden entwickelt, um der Vielschichtigkeit der Problemlage gerecht zu werden. Einen Schwerpunkt bildete dabei die gezielte Entwicklung von Zugängen zu dieser alternativen Jugendkultur für rechtsextrem gefährdete und orientierte Jugendliche, die mit den zu der Zeit bestehenden sozialpädagogischen Angeboten nicht zu erreichen waren sowie die Entwicklung geeigneter Angebots- und Betreuungsformen insbesondere für diese.
Angeknüpft wurde an die positiven Werte, Normen und integrationsfördernden Potentiale der Hip-Hop-Kultur. Dabei wurden die konstruktiven sozialen Selbstorganisationspotentiale, die in dieser Kultur bereits angelegt sind, genutzt und u. a. mit folgenden Zielen gefördert:
Als Methode wurde eine Kombination von einrichtungsgebundener Jugendarbeit im Jugendzentrum mit festen offenen Angeboten der aufsuchenden Sozialarbeit durch Workshops und Aktionen vor Ort sowie klassischer Schulsozialarbeit gewählt.
Das Projekt wurde 2003 und 2004 im Rahmen des Bundesprogramms CIVITAS durchgeführt. In den Folgejahren wurden auf den Erfahrungen aufbauend Kurse und Schulprojekte zu Breakdance, Rap und Graffiti durchgeführt.
_(Ablauf)_
Im Rahmen des Projektes wurde ein sozialpädagogisches Angebot für eine Jugendszene entwickelt, die durch die offene Kinder- und Jugendarbeit nicht oder nur unzureichend erreicht wird, weil sie ihre Kultur in der Regel außerhalb der Jugendzentren ausleben. Die Idee zum Projekt wurde durch eine Gruppe von Jugendlichen an den Sozialarbeiter des Jugendzentrums herangetragen. Gemeinsam mit den Jugendlichen wurden Projektinhalte und Angebotsstrukturen entwickelt, die geeignet erschienen, Vertrauen zu entwickeln und zu erhalten und insbesondere auch Jugendliche mit einem hohen Gefährdungspotential zu erreichen.
Folgende Aktionen und Aktivitäten waren Bestandteil des Projektes:
Die szenespezifische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in besonderen sozialen Problemlagen und/oder mit rechtsextremer Gefährdung und Orientierung stellt besondere Anforderungen an die sozialpädagogische Arbeit. Daher wurden Regeln entwickelt, die nützlich sind u. a. für die Anbahnung von Kontakten zur Szene, die Gestaltung der Kommunikation und die Arbeit mit rechtsextrem gefährdete und orientierte Jugendliche. In den aufgestellten „Prinzipien für die szenespezifische Arbeit mit Jugendlichen in der Hip-Hop-Szene“ werden folgende Punkte hervorgehoben:
Um sowohl rechtsextrem gefährdete, Hip-hop-orientierte und auch ausländischen Jugendliche zu erreichen, wurde mit zahlreichen Partnern eine Strategie entwickelt, die sowohl öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen, aktive Beteiligung an Jugendprojekten wie einem Skatertag als auch die gezielte Anwerbung in den einzelnen Jugendzentren beinhaltete. Um speziell Jugendliche im nicht organisierten und unkontrollierbaren Freizeitbereich erreichen zu können, bedurfte es gezielter aufsuchender Arbeit.
_(Gelingensfaktoren)_
Von besonderer Wichtigkeit ist die Präsenz, Parteilichkeit und kontinuierliche Prozessbegleitung in der Beziehungsgestaltung zu den Jugendlichen. Dies bezieht sich sowohl auf die Begleitung der szenetypischen Aktivitäten als auch auf die Beratung, Begleitung und Förderung der Jugendlichen bei ihren persönlichen und beruflichen Perspektiven.
Die Jugendlichen müssen die Möglichkeit haben, ihre Handlungen und Entscheidungen zu reflektieren und sich neu zu orientieren und auszuprobieren. So ist es ihnen möglich, eigenständig ihre Angst vor dem Versagen und einer eventuell damit verbundenen Ausgrenzung zu überwinden.
Gruppen- und Projektarbeit, bspw. in den Bereichen Breakdance, Graffiti und Rap, hat sich als begünstigend dafür erwiesen, dass Jugendliche Anschlussmöglichkeiten finden, die ihnen dabei helfen, ihre Entwicklungschancen zu verbessern.
Als sehr wichtig hat sich die Akquirierung von „Freiräumen“ für Hip-Hop-Aktivitäten erwiesen, d. h. in unterschiedlichsten Einrichtungen wurden geeignete Aufenthaltsräume für Gruppen gefunden.
_(Lessons Learned)_
Grundsätzlich ist aus unserer Sicht der derzeit veränderten Situation des musikalischen Mainstreams in regionaler Unterschiedlichkeit Rechnung zu tragen. Hip-Hop ist derzeit anders als 2003 nicht die bevorzugte Musikrichtung der meisten Jugendlichen.