Jugendfeuerwehren. Strukturfit für Demokratie
Das Modellprojekt „Jugendfeuerwehren. Strukturfit für Demokratie“ führte die Deutsche Jugendfeuerwehr von 2008 bis 2010 im Rahmen des Bundesprogramms „kompetent. für Demokratie“ durch. In der (Jugend)Feuerwehr zentrale Werte wie Kameradschaft, Tradition oder Schlagworte wie Uniform, Hierarchie und Befehlsstruktur könnten den Verband attraktiv für die rechtsextreme Szene machen, wie einschlägige Statements aus der Szene bestätigen. Obwohl sich der Verband schon lange dezidiert für Demokratie und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus und Diskriminierungen eingesetzt hatte, fehlte doch zunächst ein umfassendes Konzept zur systematischen und strategischen Präventions- und Interventionsarbeit bei rechtsextremen Vorfällen. Hier setzte das Projekt „Jugendfeuerwehren. Strukturfit für Demokratie“ mit dem Ziel an, ein solches Konzept in die bestehenden Verbandsstrukturen zu integrieren und dauerhaft zu verankern.
Ablauf
Das Projekt setzte zwei Schwerpunkte: Erstens wurden landesspezifische Kommunikationsmodelle zu Interventionsmöglichkeiten bei internen Vorfällen erarbeitet und etabliert. Zweitens wurde ein Bildungsmodul speziell zum Thema Rechtsextremismus entwickelt, das u. a. in den Jugendleitercard-Ausbildungen der Länder umgesetzt wird. Pilothaft startete das Projekt mit den Landesjugendfeuerwehren in Brandenburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern, es folgten Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Landsjugendfeuerwehren setzten das Projekt jeweils in ihren eigenen Verbandsstrukturen um, wobei sie von der Deutschen Jugendfeuerwehr als Koordinatorin des Gesamtprojekts vernetzt und unterstützt wurden. Seit 2008 arbeiten im Projekt Jugendfeuerwehrangehörige aus den Ländern Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg in landesspezifischen Arbeitsgruppen, um verbandsinterne Hilfen zu entwickeln und beratend zur Verfügung zu stehen, wenn es in Jugendfeuerwehren um Problemsituationen und Fragen rund um das Thema Demokratie geht.
Gelingensfaktoren
Verschiedene ehrenamtliche Akteure aus den Jugendfeuerwehren der beteiligten Bundesländer waren von Anfang an in die Projektentwicklung einbezogen. Dadurch konnte sich das Projekt bedarfs- und ressourcengerecht sowie partizipativ entwickeln, was zu einer hohen Identifikation der ehrenamtlichen Projektmitstreiter/-innen mit den Inhalten geführt hat. Sowohl die Bildungsmaterialien als auch die landesspezifischen Kommunikationsmodelle wurden von den Ehrenamtlichen selbst auf Grundlage Ihrer Erfahrungen und Bedarfe entwickelt. Als ein besonders hilfreiches Instrument erwies sich das Coaching: Die professionelle Prozessbegleitung, die stets einstrukturierendes und moderierendes Element war, ohne eigene inhaltliche Ziele zu entwickeln und umzusetzen, hat die Diskussionsprozesse innerhalb der ehrenamtlichen Arbeitsgruppen unterstützt und die Sensibilisierung für die Thematik vorangebracht.
Lessons Learned
Viele der am Projekt Beteiligten sind auf unterschiedlichen Ebenen innerhalb der Feuerwehren ehrenamtlich tätig. Da auch die Arbeit im Projekt ehrenamtlich erfolgt, können die Engagierten fachlich nur bedingt konkrete Problemlagen bearbeiten, sodass sich hier eine Verzahnung mit professionellen Beratungsangeboten als sinnvoll erwies.
Vorurteile und Vorkommnisse mit rechtsextremem Hintergrund sind nicht nur Jugendphänomene und somit auch keine Probleme, mit denen sich allein Jugendfeuerwehren zu beschäftigen haben. Eine stärkere Verknüpfung von Jugend- und Erwachsenenverbänden in der Prävention bzw. Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wäre vorteilhaft, um die gewonnenen Erkenntnisse auch in Freiwilligen Feuerwehren fruchtbar zu machen.
Für die Entwicklung der Bildungsmaterialien zeigte sich das Erfordernis, auf eine inhaltlich und zeitlich sinnvolle Integrationsmöglichkeit der Module zu achten und einen Kompromiss zwischen Überfrachtung und Randständigkeit zu finden. Ursprünglich sollte außerdem ein Modul für die JuLeiCa-Ausbildung in allen Ländern entwickelt werden. Da aber festgestellt werden musste, dass die Voraussetzungen für die Implementierung eines solchen Moduls in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sind, wurde statt dessen ein Trainingshandbuch erarbeitet, das mit verschiedenen Bausteinen diverse Möglichkeiten und Methoden aufzeigt, das Thema Demokratie und Arbeit gegen Rechtsextremismus in die JuLeiCa-Ausbildung zu integrieren.