Kreativ statt primitiv – Jugend für Vielfalt
Das Modellprojekt führte die DGB Jugend Rheinland-Pfalz im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT.“ durch. In der Arbeit vor Ort fiel immer wieder auf, dass es in ländlichen Schwerpunktregionen in Rheinland-Pfalz, in denen rechtsextreme Strukturen stark vertreten sind (z. B. südliche und nördliche Weinstraße, Pirmasens und Zweibrücken, Hunsrück, Eifel und Westerwald) mehr Schüler/-innen mit rechten Einstellungen gibt, als in anderen Regionen. Diese vertreten ihre Einstellungen deutlich und schaffen damit ein soziales Umfeld, in dem jugendliche Mitläufer/-innen und rechtsextrem gefährdete Jugendliche leicht ein rechtsextremes Weltbild adaptieren und über niederschwellige Werbungsangebote bis hin zur Indoktrination in die Szene abgleiten. Hier setzte das Projekt „Kreativ statt primitiv – Jugend für Vielfalt“ an, um an zentralen Lernorten wie Schulen und Jugendclubs Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche zu schaffen, die demokratisches Bewusstsein gegenüber rechtsextremen Einflüssen stärken.
Ablauf
Das Projekt beruhte auf zwei zentralen Säulen: 1) Arbeit an den Schulen mit dem Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ (SOR-SMC) und Schulen, die sich im Beantragungsprozess für den Titel befanden. 2) Arbeit mit Jugendclubs. Für die Schulen führten die Teamenden mit interessierten Schüler/-innen einer oder mehrerer Schulen und deren Vertrauenslehrer/-innen Zukunftswerkstätten und Projekttage durch. Ziel dieser Maßnahmen war es, die Teilnehmenden im Umgang mit demokratischen Werten zu sensibilisieren, zu schulen und sie dazu anzuregen, sich aktiv und kreativ in den Prozess von SOR-SMC einzubringen. Die Teilnehmer/-innen wirkten zudem als Multiplikator/-innen in ihrer Rolle als Peers in ihre Schule hinein und dienten als Vorbilder. Dadurch wurde gewährleistet, dass der Titel SOR-SMC Kontinuität verspricht und eine stetige Werteerziehung in einem Klima des „Hinschauens“ an der Schule entstand. Für die Jugendclubs wurden Module erarbeitet, die sich mit den Themen Vorurteile, Diskriminierung, Antirassismus und Ausgrenzung, Rechtsextremismus und couragiertes Verhalten befassten. Neben dem Ziel, die Jugendlichen in der außerschulischen Jugendbildung (Jugendclubs, Jugendverbände, Ferienfreizeiten) durch die pädagogischen Module fortzubilden, standen außerdem die Jugendpfleger/-innen, Sozialarbeiter/-innen sowie ehrenamtlichen Betreuer/-innen der außerschulischen Jugendbildung im Fokus.
Gelingensfaktoren
Die Arbeit an den Schulen ist gut gelaufen. Folgende Faktoren waren hierfür entscheidend: wir sind als Akteur der außerschulischen Bildungsarbeit an Schulen bekannt und etabliert, haben gute, teilweise seit Jahren bestehende Zusammenarbeit mit einzelnen Schulen. Somit war die Bewerbung der neuen Angebote relativ einfach und lief teilweise über persönliche Kontakte. Das Setting in Schulen durch die festen Strukturen ist für unsere zielorientierte Bildungsarbeit sehr gut geeignet. Die Teilnahme an den Zukunftswerkstätten war freiwillig, was das Arbeiten mit der Zielgruppe erleichterte.
Lessons Learned
Um als Träger ein neues Feld zu bearbeiten, benötigt es ausreichend Zeit, um sich selbst damit vertraut zu machen und die Organisation und Angebote bei der neuen Zielgruppe bekannt zu machen. Dies gilt besonders für die Offene Jugendarbeit. Der inhaltlichen Arbeit auf der Einstellungsebene muss eine „Vertrauensarbeit“ mit der Zielgruppe vorausgehen, damit diese ihre Einstellungen preisgeben. Offene Jugendarbeit funktioniert anders als Schule mit ihrem festen Setting. Da es Sinn und Zweck Offener Jugendarbeit ist, Kindern und Jugendlichen einen Freiraum und selbstbestimmte Entwicklungsräume zu bieten, kann nur schwer mit zielgerichteten Inhalten gearbeitet werden, die einer längeren Vermittlung (z. B. 3 Std.) bedürfen. Nach unseren Erfahrungen sind für die Offene Jugendarbeit, prozessorientierte Konzepte mit offenem Ausgang zielführender, also solche, die viele Mitmachmöglichkeiten beinhalten. Weiterhin sollten die Konzepte und Inhalte „button up“, also mit bzw. von der Gruppe erarbeitet werden. Um unsere Modellprojekt-Module für die Offene Jugendarbeit durchzuführen, haben wir uns „festere“ Strukturen, wie z. B. Jugendgruppenstunden, in denen die Auseinandersetzung mit Inhalten „normal“ ist, ausgesucht. Warum die Durchführung von Zukunftswerkstätten in der Offenen Jugendarbeit nicht gelang, obwohl dieses Konzept dem offenen Ausgang Rechnung trägt, kann nur vermutet werden und wird überwiegend im zeitlichen Aufwand der Akquise begründet gesehen.