Rassismuskritischer Leitfaden
zur Reflexion bestehender und Erstellung neuer didaktischer Lehr- und Lernmaterialien für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit zu Schwarzsein, Afrika und afrikanischer Diaspora
Inhalt
Der afrikanische Kontinent wird in deutschen Schulen einseitig dargestellt. Aktuelle Studien zeigen, dass auch die Darstellung der afrikanischen Diaspora und die Repräsentation von Menschen afrikanischer Herkunft, die bereitgestellt werden, rassistische Vorurteile und Stereotype aufweisen. Betroffen davon sind auch Lehr- und Lernmaterialien – sowohl Schulbücher als auch Handreichungen für Lehrende. In den schulischen Bildungsangeboten spiegeln sich rassistische Vorurteile und Stereotypen wider, die sich aus gesellschaftlichen Diskursen über Afrika, afrikanische Diaspora und Menschen afrikanischer Herkunft speisen. Dies wirkt sich gewaltvoll auf Schwarze Schüler_innen aus, die ständige Wiederholung solcher Vorurteile und Stereotype können Traumatisierungen verursachen. Die Darstellung Afrikas und Schwarzer Menschen missachtet das grundlegende Recht auf eine intakte Menschenwürde und verletzt Menschenrechte. Seitens weißer Schüler_innen und Lehrer_innen bestärkt diese einseitige Darstellung rassistisches Verhalten im (schulischen) Alltag, was häufig weder beabsichtigt ist noch von ihnen als rassistisch wahrgenommen wird. Dieser Zustand steht konträr zum Auftrag der Schule, wie ihn die Ländergesetze festlegen, nämlich Persönlichkeiten heranzubilden, die fähig sind, das gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, der Menschenwürde und der Anerkennung der Gleichberechtigung aller Menschen zu gestalten. Der schulische Bildungsauftrag stützt sich auf einen verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungs- und Gleichstellungsgrundsatz. Zu den Kernaufgaben schulischer Bildung gehört demnach, Schüler*innen zu kritisch-selbstreflektierenden Bürger_innen auszubilden. Um das zu erreichen, sollte der Schulunterricht Schüler_innen für Diskriminierung in unterschiedlichen Formen sensibilisieren und über Entstehung und Wirkung von Diskriminierung aufklären. Zudem sollte ihnen die Schule Wege zur Prävention von Diskriminierung aufzeigen. In der Schule und im Unterricht werden jedoch Wissensproduktion und rassistische Wissenskategorien kaum problematisiert. Unterrichtsmaterialien bleiben meist der unsichtbaren weißen Norm verhaftet und reflektieren kaum historische Bildungsprivilegien und ihre Effekte auf Chancengleichheit. Vor diesem Hintergrund ist das Anliegen des Leitfadens, eine Begutachtung vorhandener Lehr- und Lernmittel nach rassismuskritischen und diversitätsorientierten Kriterien anzuregen sowie Autor_innen und Entwickler_innen von Bildungsmedien bei der Neuerarbeitung von rassismuskritischen und diversitätsorientierten didaktischem Material zu unterstützen. Die enthaltenen Empfehlungen für rassismuskritische Lehr- und
Lernmaterialien beruhen auf Erfahrungen aus der pädagogischen Forschung
und Praxis, wissenschaftlichen Lehr- und Lernmittelanalysen, empirischen
Studien zu Afrikabildern und Rassismuserfahrungen im schulischen
Kontext, der Erstellung und Erprobung didaktischer Materialien sowie
politischer Anti-Rassismus-Arbeit. Sie sind thematisch den vier
Bereichen „Methodik und Didaktik“, „Inhalte“ (behandelte Themen),
„Umgang mit Bildern, Quellen und Sprache“ sowie „Zielgruppen der neu zu
erstellenden Materialien“ zugeordnet
Anwendungsbereich
Der Leitfaden kann sowohl für die Unterrichtsgestaltung als auch bei der Schulbuchproduktion zur Hand genommen werden und richtet sich an alle Akteur_innen, die in Bildungszusammenhängen tätig sind. Dazu gehören insbesondere Pädagog_innen (Lehrer_innen, Ausbilder_innen, Hochschullehrende, Sozialpädagog_innen und Multiplikator_innen), Produzent_innen von Bildungsmaterialien (Schulbuchverlage und andere Hersteller_innen von Bildungsmaterialien, Redakteur_innen, Autor_innen) und bildungspolitisch Verantwortliche. Er ist als Ergebnis zweier mehrtägiger Workshops entstanden und wird von den Autor_innen als Zwischenergebnis verstanden, das weiter vervollständigt und überarbeitet werden kann und soll.