un_sichtbar – Lesben, Schwule und Trans* in Mecklenburg-Vorpommern
Ein Projekt als Beitrag zur Schaffung einer Kultur der Selbstbestimmung von Schwulen, Lesben und Trans*
Lesben, Schwule und Trans* sind immer schon Teil der Gesellschaft, jedoch unterschiedlich sichtbar, erinnert und akzeptiert. Einige waren in sozialen Bewegungen aktiv, wie der Frauenbewegung oder im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Zugleich wurden und werden sie auch immer wieder stigmatisiert, ausgegrenzt oder sogar verfolgt und getötet. Auch heute noch prägen Homo- und Transfeindlichkeit das Leben von Menschen, die sich jenseits heterosexueller Beziehungskonzepte und geschlechtlicher Eindeutigkeiten bewegen. Eine öffentliche Auseinandersetzung damit findet jedoch kaum statt. Der Verein Lola für Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern möchte dies mit seinem landesweiten Modellprojekt „un_sichtbar“ ändern. Der Verein, der aus dem Projekt „Lola für Lulu“ hervorgegangen ist, setzt sich seit Beginn für die Förderung der Demokratie aus einer spezifischen Genderperspektive ein und untersucht konkret, wie die Situation von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen im Bundesland bei den Themen Rechtsextremismus und Demokratie aussieht. Das Projekt „un_sichtbar“ versteht die Förderung geschlechtlicher Vielfalt und diverser geschlechtlicher Lebensweisen gleichzeitig als Förderung der Pluralität und (Geschlechter-)Demokratie. Zusammen mit verschiedenen Bildungseinrichtungen nimmt das Projekt die Lebenserfahrungen von Schwulen, Lesben und Trans* in Geschichte und Gegenwart in den Blick und unterstützt die Selbstermächtigung queerer Jugendlicher. Themen sind Lebensentwürfe, Gestaltungsräume und Erfahrungen im Alltag, wobei ein besonderer Fokus auf der Frage nach Handlungsspielräumen und Widerständigkeiten gegenüber Diskriminierung und Gewalt liegt. Welche Perspektiven, Wünsche und Träume haben Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern, die gleichgeschlechtlich oder trans* leben und lieben? Wie werden sie gesellschaftlich wahrgenommen? Wird heute an Menschen erinnert, die aufgrund ihrer (vermeintlichen) Homosexualität von den Nationalsozialist_innen verfolgt und ermordet wurden? Wie war die Situation in der DDR? Wie haben Menschen, damals und heute, Widerstand gegen Homo- und Transfeindlichkeit organisiert?
Ablauf
Zunächst bildet eine Expertise durch empirische Bestandsaufnahmen heutige Lebensrealitäten von Schwulen, Lesben und Trans* in Mecklenburg-Vorpommern ab. Angeleitet von Pädagog_innen erforschen Jugendliche aus Ludwigslust, Rostock und Wismar durch historische Recherchen im Rahmen von Schulprojekten die Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen und Trans* an verschiedenen Orten Mecklenburg-Vorpommerns. Durch die lokalhistorischen Recherchen der Jugendlichen sollen Debatten vor Ort angestoßen werden. In Greifswald werden Seminare mit Studierenden durchgeführt. Die Gruppen forschen in Stadt-, Landes- und Gedenkstättenarchiven, in Literatur und Zeitschriften sowie ihrem sozialen Umfeld. Interessierte Schulen, Vereine, Initiativen oder Einzelpersonen sind aufgerufen, sich an den Recherchen zu beteiligen. Diese historischen Recherchen werden ergänzt durch lebensgeschichtliche Interviews mit Menschen, die etwas über die Lebensrealitäten, Ausgrenzungserfahrungen und Selbstorganisationen von Lesben, Schwulen und Trans* berichten können. Gefragt sind sowohl positive wie auch negative Erfahrungen. Die Interviews werden auf Wunsch anonymisiert und vertraulich behandelt. Somit sind keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich. Neben mündlichen Überlieferungen und Erfahrungsberichten werden für das Projekt Dokumente, Fotos und Texte aus dem Privatfundus gesucht. Das können etwa Tagebuchaufzeichnungen, Briefe, Familienfotos oder künstlerische Zeugnisse sein, die eine persönliche Geschichte erzählen oder Einblick in das queere Leben Mecklenburg-Vorpommerns geben. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus den historischen Recherchen, den lebensgeschichtlichen Interviews und den persönlichen Zeugnissen wird eine Wanderausstellung entwickelt, die in Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern auf Reisen geht. So wird auf geschlechtliche und sexuelle Vielfalt aufmerksam gemacht und die Erinnerungskultur vor Ort gestärkt. An die Eröffnung der Wanderausstellung schließt eine breite Kampagne an, in der unter anderem ein Wettbewerb zur künstlerisch-partizipativen Schaffung eines lokalen Erinnerungsortes ausgeschrieben wird, sowie Fortbildungsmaterialien mit lokalen Bezügen entstehen, die in verschiedenen Kontexten benutzt werden können.